Das optimale Pflichtenheft

Christoph Spielmann, Düsseldorf

Für den Erfolg eines Software-Projekts spielt das Pflichtenheft eine zentrale Rolle. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie ein Pflichtenheft erstellen und was alles darin enthalten sein sollte – natürlich nicht, ohne das vorherige Lastenheft und die anschließenden Schritte zu erwähnen.

Wer schon einmal eine Software im Auftrag eines Kunden erstellt hat, wird von den daraus resultierenden Problemen – sei es nun finanzieller oder zeitlicher Natur -, sicherlich ein Lied singen können. Dies endet dann häufig in dem Wunsch, beim nächsten Projekt eine „vernünftige“ Planung durchzuführen.

Zu Beginn dieser Planung steht in der Regel die Idee, eine bestimmte Aufgabe in Zukunft von einem Computer qualitativ hochwertiger, schneller oder kostengünstiger lösen zu lassen. Häufig stammen diese Ideen von Personen, die kein oder nur sehr wenig Fachwissen im Bereich der EDV besitzen. Die Aufgabe des Projektleiters ist es nun, diese Ideen möglichst optimal in ein Computer-Programm umzusetzen, sodass der ursprüngliche Zweck auch wirklich erfüllt wird.

Der erste Schritt bei der Planung einer Software ist die Erstellung eines so genannten „Lastenheftes“. Das Lastenheft ist ein Dokument, in dem die Anforderungen an die Software grob beschrieben werden. Das Augenmerk liegt hier speziell auf den Anforderungen, also noch nicht darauf, was sich mit dem Computer in welcher Zeit und mit welchen Kosten umsetzten lässt. Es ist also eine Spielwiese für Ideen-Geber. Technische Aspekte bleiben hier zunächst unberücksichtigt.

Auf der Basis des Lastenheftes können sich Entscheider sowie Entwickler der Software zunächst einen groben überblick verschaffen. So können beispielsweise die Software-Entwickler eine grobe Schätzung des zu erwartenden Programmieraufwands abgeben. Auf dieser Basis können dann die Entscheider den Nutzen abwägen und das Projekt entweder verwerfen oder in die zweite Phase – die Pflichtenheftphase – eintreten.

Ziel des Pflichtenheftes ist es, die Wünsche und Anforderungen der Kunden mit den technischen Aspekten unter einen Hut zu bringen. Hierbei ist es erforderlich, dass sich die am Pflichtenheft beteiligten Kunden in die technischen Aspekte und umgekehrt die Programmierer in die fachlichen Belange einarbeiten. Nur so kann erreicht werden, dass beide Seiten die „gleiche Sprache sprechen“ und Missverständnisse möglichst vermieden werden.

Weiterhin ist es sehr wichtig, dass alle Aspekte ausführlich und schriftlich festgehalten werden. Alle Beteiligten sollten nach der Fertigstellung des Pflichtenheftes durch ihre Unterschrift bestätigen, dass die aufgeführten Punkte korrekt und vollständig sind.

Zu guter Letzt sollte das Pflichtenheft einer Auswahl der späteren Benutzer vorgelegt werden, sodass diese eine Endabnahme durchführen können.

Ein Pflichtenheft besteht aus mehreren Abschnitten, die im Folgenden beschrieben sind.

Deckblatt und Inhaltsverzeichnis

Das Pflichtenheft beginnt in der Regel mit einem Deckblatt, auf dem der Arbeitstitel des Projekts festgehalten ist. Besonders wichtig ist hierbei die Versionsangabe. Bei jeder änderung im Pflichtenheft sollte diese erhöht werden. Weiterhin bietet es sich an, die einzelnen änderungen in Tabellenform grob festzuhalten. Diese Maßnahmen sind wichtig, da an einem Pflichtenheft in der Regel mehrere Personen beteiligt sind. Daran sollte sich ein Inhaltsverzeichnis anschließen.

Die Projektübersicht

Die Projektübersicht beginnt mit einer kurzen Beschreibung des Projekts in verbaler Form. Wichtige Elemente sind hierbei die Gründe dafür, warum das Projekt angestoßen wurde, sowie die Zielsetzung des Projekts.

Im Anschluss daran folgen eine Beschreibung des Pflichtenheft-Aufbaus sowie eine Auflistung der an der Erstellung des Pflichtenheftes beteiligten Personen. Zu jeder einzelnen Person sollte hier ein Unterschriftenbereich vorgesehen werden. Nach der Fertigstellung des Pflichtenheftes sollte hier jede Person unterschreiben, was in der Regel alle Beteiligten dazu zwingt, das komplette Pflichtenheft noch einmal gründlich durchzulesen und zu prüfen.

In einigen Fällen ist ein Glossar sinnvoll, das die verwendeten Fachbegriffe erläutert. Dies soll Dritten die Einarbeitung in das Pflichtenheft erleichtern. Das Glossar enthält alle Fachbegriffe in tabellarischer Form mit jeweils einer kurzen und prägnanten Beschreibung.

Rahmenbedingungen der Vernetzung

Die Rahmenbedingungen beschreiben das Umfeld, in dem die Software eingesetzt werden soll. Eine wichtige Rolle spielt hier die Vernetzung der einzelnen Benutzer der Software. Ein Szenario ist beispielsweise, dass alle Benutzer innerhalb eines Gebäudes in einem lokalen Netzwerk arbeiten, also untereinander und mit einem eventuell vorhandenen Server über eine schnelle Datenverbindung kommunizieren können. Festzuhalten ist hierbei in jedem Fall die Geschwindigkeit des Netzwerks sowie die sonstige Nutzung des Netzwerks durch andere Anwendungen. Das Ergebnis ist letztlich eine Einschätzung darüber, welche Bandbreite der zu entwickelnden Anwendung zur Verfügung steht.

Besondere Aufmerksamkeit ist immer dann erforderlich, wenn die Benutzer an unterschiedlichen Standorten über eine langsame Leitung kommunizieren. Dies beeinflusst in der Regel das komplette Design der Anwendung, da diese nun eventuell nicht mehr auf viel Komfort, sondern auf eine möglichst effiziente Ausnutzung der Datenleitung ausgelegt werden muss. Gegebenenfalls muss auch der Wille des Nutzers schriftlich fixiert werden, die vorhandenen Leitungskapazitäten den Anforderungen der Software anzupassen, was in der Regel aber mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Wenn der Benutzer „offline“ arbeiten möchte, also die Software trotz fehlender Netzwerk-Verbindung nutzen möchte, muss hier ggf. ein geeignetes Konzept zum Datenaustausch gefunden werden. Wenn sich der Benutzer z.B. regelmäßig per Modem in die Firmenzentrale einwählt, um aktuelle Daten auszutauschen, entstehen hierbei zusätzliche Kosten.

Darüber hinaus ist der Einsatz von Access über eine langsame Leitung wie zum Beispiel ISDN nur mit sehr schlechter Performance möglich, sodass eventuell andere Entwicklungswerkzeuge eingesetzt werden müssen, mit denen die Entwicklung aufwändiger ist.

Hardware-Anforderungen

Eine nicht weniger wichtige Rolle spielt die verfügbare Hardware-Plattform. In der Regel hat der Kunde den Anspruch, dass die neue Software mit der bereits vorhandenen Hardware funktioniert – also keine Neuanschaffungen erforderlich sind.

Wichtig ist hierbei, die minimalen Hardware-Anforderungen an das System zu definieren und zu prüfen, ob diese Anforderungen von allen PCs erfüllt werden. In der Praxis stellt es hierbei kein Problem dar, wenn letztlich doch ein geringer Anteil an PCs ausgetauscht werden muss.

Soll der Kunde generell langsame PCs einsetzen, muss im Rahmen der Software-Architektur eine Verlagerung von Bearbeitungsvorgängen auf den Server angestrebt werden.

Dies entlastet die PCs der Benutzer. Den Extremfall stellt hierbei eine Web-Anwendung dar, bei der fast alle Vorgänge im Server ausgeführt werden können. Als Client wird hierbei nur ein Web-Browser vorausgesetzt.

Die Anforderungen an die Hardware sollten in den zwei Blöcken „Minimum“ und „Empfohlen“, jeweils getrennt für die Client-PCs sowie den gegebenenfalls erforderlichen Server aufgeführt werden. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die verfügbare Festplatten-Kapazität, die Hauptspeichergröße sowie der Prozessortyp und -takt.

Auch die Bildschirmauflösung muss festgehalten werden, damit die Formulare der späteren Anwendung komplett sichtbar sind und nicht abgeschnitten werden.

Das Betriebssystem

Das Betriebssystem bestimmt maßgeblich, welche Werkzeuge zur Entwicklung der Software in Frage kommen. So ist es beispielsweise nicht möglich, eine mit .NET entwickelte Software unter Windows 3.1 oder einem Apple-Betriebssystem laufen zu lassen.

Auch Windows 95 ist inzwischen schon zehn Jahre alt und hat einige gravierende Einschränkungen. So ist beispielsweise der Einsatz des Thread-Pools von .NET unter Windows 95 nicht möglich.

Als ideale Entwicklungs-Plattform für Arbeitsplatz-PCs ist momentan Windows 2000 oder Windows XP anzustreben. Beim Server sollte Windows 2000 Server oder Windows 2003 Server zum Einsatz kommen. Windows NT 4.0 erfordert ähnlich wie Windows 95 zu viele Einschränkungen und sollte daher vermieden werden.

Falls der Kunde unterschiedliche Betriebssysteme unterschiedlicher Hersteller einsetzt (zum Beispiel Windows, Linux, Apple, Sun, ….), bleibt als kleinster gemeinsamer Nenner häufig nur ein Web-Browser übrig. In diesem Fall muss darauf geachtet werden, dass alle eingesetzten Versionen dokumentiert werden, damit die spätere Anwendung daran angepasst werden kann.

Das Mengengerüst

Das Mengengerüst beschreibt, wie viele Daten von wie vielen Benutzern in welcher Zeit verarbeitet werden müssen.

Wenn beispielsweise 20 Benutzer je einmal pro Stunde eine Suche über 100.000 Adressen durchführen, dürfte ein leistungsschwacher Server ausreichend sein. Wenn dagegen jeder Benutzer einmal alle 10 Sekunden eine Suche durchführt, sollte ein leistungsfähiger Server zum Einsatz kommen.

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